Leseprobe

Das Taubenbaby – Kapitel 1 von „Fini, Knuddel und die verlorenen Tierbabys“

Fini, Knuddel und die verlorenen Tierbabys

Mit einem verlorenen Taubenbaby fing alles an. Als der kleine Piepmatz damals verschwand, waren es Fini und Knuddel, die ihn wiedergefunden haben.

Das kleine Mädchen und ihr allerliebster Stoffhund waren beim Suchen ein gutes Team. Wegen seiner besonders feinen Hundenase war Knuddel früher, wie er immer wieder gerne erzählt, sogar als Spürhund bei der Polizei. Und Fini sieht mit ihren guten Augen besser als jeder Adler.

Mit dem Taubenbaby war das damals so. Hinter dem Haus von Fini und ihrer Familie wohnte in einem alten Baum eine Taubenfamilie. Jeden Frühling gurrte und zwitscherte es wie wild im Taubennest. Das waren die neu geborenen Vogelbabys und die hatten offenbar ständig Hunger. Nur nachts war Ruhe im Baum.

Fini freute sich darüber. Denn mit den Taubenbabys kam erst der Frühling und dann würde auch bald der Sommer kommen. Sommer war Finis liebste Jahreszeit.

Eines Sonntagmorgens war auf einmal das Gurren und Zwitschern der kleinen Tauben verstummt. Fini lief sofort zum Fenster. Auch Knuddel war mittlerweile von seinem Vormittagsschläfchen unter dem Frühstückstisch aufgewacht. Er schaute verschlafen zu Fini und sah sie fragend an.

„Keine Ahnung, was da los ist mein Guter“, sagte Fini. Sie hatte ihre Nase an die Scheibe gepresst. „Ich sehe zwar die Taubenbabys im Nest sitzen, aber die Eltern scheinen ausgeflogen zu sein. Diese Ruhe kommt mir komisch vor. Die Kleinen rufen doch sonst den ganzen Tag lang nach Futter.“

„Vielleicht sind sie ja endlich vernünftig geworden und warten wie jeder andere ohne Gekreische bis das Essen auf den Tisch kommt?“ knurrte Knuddel.

Da kam die Taubenmama ganz aufgeregt zum Nest geflogen. Kurz danach flatterte auch der Täuberich herbei. Als er Fini am Fenster sah, flog er zu ihr und klopfte mit seinem Schnabel gegen die Scheibe. Fini machte vorsichtig das Fenster auf und sah den Täuberich verwundert an.

„Eines unserer Taubenbabys ist seit heute früh verschwunden. Es muss in der Nacht aus dem Nest gefallen sein. Habt ihr es vielleicht irgendwo gesehen?“

Fini schüttelte den Kopf. Aber ihr kam spontan eine Idee. „Wir könnten euch helfen, euer Baby zu suchen“, sagte sie und zeigte auf Knuddel. „Mein Freund Knuddel war früher Polizeihund und hat eine vorzügliche Spürnase und meine Augen sind auch ziemlich gut.“

Da Sonntag war, musste Fini nicht in den Kindergarten und Knuddel und sie hatten Zeit. Ihre Suche begannen die Beiden unter dem Baum. Knuddel schnüffelte den Boden ab und Fini schaute sich mit ihren guten Augen jeden noch so kleinen Zweig vom Boden aus an.

Knuddel war recht schnell fertig mit der Fährtensuche. „Also aus dem Nest gefallen ist das Taubenbaby schon mal nicht. Hier riecht es nur nach Eichhörnchen, Spitzmäusen, Ameisen, Marienkäfern und Regenwürmern. Von Tauben ist nichts zu erschnüffeln.“

Fini hatte oben im Baum auch nichts entdeckt. Also konnte es nur eine Lösung geben. „Kann euer kleines Täublein denn schon fliegen?“ fragte sie die Taubeneltern.

„Ja“, antwortete die Taubenmama. „Seit gestern genau genommen.“

Fini schnippte mit den Fingern. „Aha. Wenn es also heute Nacht verschwunden ist, dann habe ich eine Theorie. Ich bin gestern Abend hier unterm Baum gesessen und habe ein Bild für Oma gemalt und es in einen Briefumschlag gesteckt, auf den mir Mama Omas Adresse geschrieben hat. Dann bin ich nur kurz ins Haus um eine Briefmarke zu holen und als ich wieder zurückkam, da war mein Brief weg.“

Knuddel sah Fini fragend an. „Häh?!? Was soll das für eine Theorie sein? Glaubst du, dein Brief und die kleine Taube sind zusammen ausgebüxt?“

„Ja. Sozusagen. Was, wenn die kleine Taube schon immer gerne mal eine richtige Brieftaube sein wollte? Dann hat sie sich meinen Brief geschnappt und ihn irgendwo im Baum versteckt. Früh morgens ist sie dann heimlich los, um ihn zu Oma zu bringen.“

Fini nahm Knuddel auf den Arm und lief ins Haus. „Jetzt rufen wir erst mal bei Oma an und fragen ob sie meinen Brief bekommen hat.“

Und tatsächlich, Fini hatte Recht. Oma hatte ihren Brief tatsächlich heute Morgen auf der Fensterbank gefunden. Und wer war ganz stolz daneben gesessen? Das Taubenbaby.

„Ich hab die kleine Taube ganz vorsichtig zu meinem Wellensittich Charly in den Vogelkäfig gesetzt“, erzählte Oma am Telefon. „Jetzt sitzen die beiden nebeneinander und knabbern schon die dritte Portion Körner zum Frühstück.“

Fini und Knuddel atmeten erleichtert auf. Nur wie sollten sie das Taubenbaby jetzt wieder zurückholen? Oma wohnte zu weit weg, um mit dem Fahrrad hinzuradeln. Und bringen konnte Oma es auch nicht so einfach, denn sie hatte kein Auto.

Da schnippte Fini wieder mit den Fingern. „Ich hab eine Idee: Oma, kannst du bitte einen neuen Brief an mich schreiben mit unserer Adresse auf dem Umschlag und ihn dem Taubenbaby geben, bevor du es wieder aus dem Käfig lässt? Dann kommt es bestimmt wieder zurück zu uns mit dem Brief von dir.“

Knuddel war wieder einmal sehr beeindruckt von seiner cleveren Fini. Aber auch er hatte eine Idee. „Noch was. Sag Oma sie soll mit ganz großen Buchstaben „EXPRESS-SENDUNG, EILT SEHR!!!“ auf den Briefumschlag schreiben, dann ist der kleine Brieftäuberich bestimmt im Nullkommanichts wieder hier bei uns und bei seinen Eltern.“

Und tatsächlich, schon kurz nach dem Mittagessen klopfte es an Finis Fensterscheibe. Draußen saß mit stolzgeschwellter Brust das Taubenbaby. Im Schnabel hatte es Omas Brief. Nachdem Fini den Umschlag entgegengenommen hatte und dem Taubenbaby noch ein paar Körner als Dankeschön geschenkt hatte, flog der Kleine zum Taubennest. Dort war die Freude über das Wiedersehen natürlich groß. Sofort ging auch das Gurren und Zwitschern der hungrigen Piepmätze wieder an.

Abends im Bett hielt Fini ihren Knuddel wie immer fest im Arm. Sie schaute noch einmal auf den Brief von Oma auf ihrem Nachttisch und sagte zu Knuddel: „Cool. Jetzt kann ich Oma jeden Tag einen Brief schicken, ohne dass wir dafür zu Post müssen. Wir haben jetzt eine eigene Brieftaube. Das probiere ich morgen gleich wieder aus.“

Fini schnüffelte noch einmal an Knuddels weichem Ohr. Dann machte sie ihre guten Augen zu. Und bald waren beide auch schon eingeschlafen.

(Auszug aus: Fini, Knuddel und die verlorenen Tierbabys)